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Urbane Landwirtschaft in Deutschland und der Schweiz

Von der interkulturellen Gärtnerei bis zur revitalisierenden Stadgestaltung

„Der Garten der Pfade, die sich verzweigen“. Von dieser berühmten kurzen Geschichte von Jorge Luís Borges heraus lässt sich die Komplexität eines Gartens erkennen: in ihm können unterschiedliche Aspekte des menschlichen Lebens zusammenfliessen. Im Endeffekt stellt ein Garten ein Mikrokosmos dar und ist gleichzeitig Bestandteil eines unendlichen Netzes, das die Natur in der Stadt (oder auf dem Land) erhält und die Gegenseitigkeit fördert. 

Die Errichtung eines Gartens kann uns viel über die Art und Weise sagen, wie wir Beziehungen zu unserer Umgebung und unseren Mitmenschen aufbauen. Von Gemeinschaftsgärten über Schulgärten bis zu interkulturellen Gärten: alle diese Formen der urbanen Landwirtschaft zeigen, dass die Versöhnung zwischen Natur und Kultur nicht nur möglich, sondern auch notwendig ist.

So entstand die Idee, unterschiedliche grüne Oasen in den vier Himmelsrichtungen Deutschlands und in einigen Regionen der Schweiz zu porträtieren. Alle Projekte, die ich zwischen 2017 und 2020 fotografiert habe, sind sehr divers und bieten eine vielfältige Darstellung der „Re-ruralisierung“ der Stadt und der sozialen Gegenseitigkeit an. 

Dort, wo ein Stadtgarten floriert, erblüht auch die nachhaltige Stadtentwicklung und die Verbesserung des Stadtklimas. Daraufhin gestalten sich Orte der Begegnung zwischen Menschen unterschiedlicher kultureller Hintergründe und Alters, die sich gegen die Vereinheitlichung der urbanen Landschaft, für den Erhalt (oder Wiederherstellung) der Biodiversität und für das soziale Miteinander einsetzen.

Wie lässt sich diese Arbeit einstufen? Man könnte diese Fotoreihe als ein visuelles Tagebuch, als einen grünen (und auf gar keinen Fall statistischen) Reiseführer, als die Darstellung von lebendigen Landschaften inmitten der Stadt oder als Dokumentation des menschlichen Tuns zugunsten des Gemeinwohls durch das direkte Eingreifen in die eigene Umgebung einschätzen. Es könnte auch möglich sein, durch diese Fotoreihe die Gärtnerei als eine meditative Beschäftigung zu betrachten, wo man mit allen Sinnen die Natur inmitten des Bezirkes wahrnimmt und die Erweiterung der Achtsamkeit direkt erlebt. Ich würde aber sagen, dass diese Erzählung vor allem ein „Deutsch als Fremdsprache“ Projekt ist. Ein Gemeinschaftsgarten ist definitiv ein Ort des Sprachenlernens, sowohl für Anfänger als auch für Fortgeschrittene. 

Einige Initiativen, die diese Fotoreihe vorstellt, sind umgezogen oder existieren leider nicht mehr. Dabei kann ich den Fall von dem Lesegarten in Freiburg in Breisgau erwähnen, ein der Umweltbildung und der nachhaltigen Stadtgestaltung gewidmeter Stadtgarten, der leider im Jahr 2021 bebaut wurde. Der Prinzessinengarten (Berlin), ein erfolgreiches Beispiel der „nomadischen Gärtnerei“, dessen guter Ruf über den deutschsprachigen Raum hinaus geht, ist im Jahr 2021 von Kreuzberg nach Neukölln umgezogen. Neuland (Köln) und Stadtacker (Stuttgart) bereiten jetzt gerade ihren Umzug vor.

Zum Schluss: auch in Lateinamerika lassen sich wertvolle Beispiele der urbanen Landwirtschaft aufzeigen. Die „huertos urbanos“ in Rosario, Argentinien, sind eine klare Manifestation der Zusammenarbeit von Erziehern, Landwirten, Politikern und Forschern und bilden eine breite Gemeinschaft, die Lebensmittel in Bioqualität allen Schichten der Bevölkerung zur Verfügung stellt und gleichzeitig gefährdete und stigmatisierte Bezirke in echte Beispiele der nachhaltigen Ernährungssouveranität umwandelt. Auch der „Friendship Park“, der direkt an der Grenze zwischen den USA und Mexico liegt, lässt sich als Beispiel des Erhalts eines interkulturellen Begegnungsorts dank der urbanen Landwirtschaft zeigen, auch wenn die Umgebung sich in den letzten Zeiten sehr stark militarisiert hat, was ein Hemmnis für die Entwicklung dieser gemeinschaftlichen Initiative bedeutete.

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Zusammenfassung

Dank

Deutschland: Ingo Plessing, Louise Duhan, Klaus Martin Höfer, Daniela Schröter, Joshua Sierra, Rolf und Alexandra Behringer, Stephan Seidel, Elizabeth Meyer-Renschhausen, Johanna Lochner, Imke Feist, Salvatore Leon, Marjorie Sick, Eleonora Flores, Carla Gallini, L.K. Lots, Renato Espinoza Subiria, Lukas Dreyer, Christoph Simpfendörfer, Richard Brenner, Michaela Christ, Julia Salomon, Miriam Brink, Oswaldo Díaz Medina, Mechtilde Frintrup.
 

Die Schweiz: Mariananda Schempp Mantero, Daniel Barton, Mathias Forster, Marco Brutschin, Angel Chiok, Angela Zimmermann, Nathalie Dubler, Andrea de la Cruz, Christopher Schümann, Juan Bottero.
 

Bilder, Texte und Forschung:

Christian Vera


Alle Bilder wurden zwischen 2017 und 2020 aufgenommen.

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