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Das Siguas Tal

Beispiel der interkulturellen Verbindung zwischen uralten künstlerischen Manifestationen und einer alten Feigenbaumplantage

 

Die geisterhaften Entitäten des Siguas Tals lassen sich auf unterschiedliche Weise erkennen. Manchmal treten sie als ein stark beschädigter präkolumbianischer Weg auf. Manchmal manifestieren sie sich als ein fast zerstörter Steinofen, der vor 200 Jahren eingerichtet wurde, um Vollkornbrot zu backen, oder als abstrakte Felszeichnungen, die vor 3000 Jahren von unterschiedlichen (und anonymen) Autoren gezeichnet wurden. Inmitten dieser enigmatischen Kulturlandschaft, voll von vulkanischer Asche, gedeihen uralte Feigenbäume hispanischen Ursprungs, die dank eines stillen Baches überleben können.

 

Die ferne Vergangenheit ist hier versteinert. Die visuelle Chronik besteht aus tausenden Petroglyphen, die von Tieren, Menschen, Symbolen –laut einiger Forschungen stellen sie übersinnliche Erfahrungen und geistige Ekstase dar– und Geschichten der Migration erzählen. Die Mobilität ist der Ausgangspunkt der kulturellen Hybridation des Tals und gibt Auskunft von „in Zeit verlorenen“ menschlichen Geschichten, die darauf warten, entschlüsselt zu werden. Das ganze Territorium beheimatet Botschaften, die –so wie die Felsen, die am Rande der Ufer sich befinden– noch unzugänglich sind.

 

Hierbei liegt vielleicht die wichtigste Eigenschaft dieser südperuanischen Kulturlandschaft, Zuhause der ältesten Feigenbäume der Welt im produktiven Zustand: Die ständige Bewegung. Die archäologische Forschungsgruppe des Royal Ontario Museums, die in den Jahren 2013, 2015 und 2016 unterschiedliche Explorationen Vorort unternommen hat, um das Leben in Siguas vor 1400 Jahren zu verstehen, konnte festlegen, dass dieses trockene und sonnige Tal sich mit den Hochgebieten Perus und der Küste durch ein Netzt von 242 Pfaden vernetzte. Diese steilen und unzugänglichen Wege prägten den Austausch und das soziale Leben des Tals und sind mit Geoglyphen und Petroglyphen bedeckt.

Unterschiedliche Manifestationen einer uralten Kulturlandschaft, in der Impulse aus der fernen Vergangenheit (in Peru und Eurasien) Spuren hinterlassen haben.

Die Nomaden, die seit Jahrtausenden das Tal betreten haben, kamen aus unterschiedlichen Gegenden. Die südperuanische Küste (Heimat der Paracas und der Nazca Kultur) lässt sich durch den Stil der Petroglyphen erkennen. Die Wari Zivilisation, deren Ursprung in den Hochgebieten Zentralperus im 7. Jahrhundert stattfand, hat in den Ruinen von Quilcapampa Spuren einer komplexen Gesellschaft hinterlassen. Die Feigenbäume des Tals wurden in Spanien im 8. Jahrhundert während der Islamisierung des Halbinsels von den Arabern eingeführt. Der Baum der Erkenntnis, der die Menschheit seit uralten Zeiten begleitet (tatsächlich vor dem Entstehen der Agrikultur) und Mythen aus Persien, Griechenland und Rom prägte, koexistiert mit künstlerischen Manifestationen eines verlassenen Tals, das zurzeit als Abwassersystem des riesigen Bewasserungsprojekt Majes Siguas funktioniert.

Dieser Feigenbaum hispanoarabischen Ursprungs ist 400 Jahre alt.

Die Felszeichnungen als Zeichen der Bewegung

Steinige und unzugängliche Schluchte verbanden die trockenen Pampas Arequipas mit den Agrarflächen des Tals, die sich in der Nähe des Siguas Flußes noch befinden. Es gab vielfältige Beweggründe, die die Migration und die Bewegung trieben: Flucht, die Suche eines neuen Zuhauses, Eroberung. Die Petroglyphen geben uns Auskunft über den Zeitgeist in Siguas vor 3000 Jahren und Hinweise, dass die Biografie eines Raums manchmal aus der komplexen Zusammensetzung von verborgenen Geschichten besteht.

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Die Megalithen aus Pitay.

Die Felszeichnungen und die Bodenzeichnungen sind die älteste Manifestation der Mobilität in diesem Raum und stellen die Weltanschauung der uralten Bewohner des Tals dar in Zeiten, in denen die Menschheit die Natur noch nicht erobert hatte. Tiere wie Füchse, Schlangen, Lamas oder Adler lassen sich in den Felsen von Siguas beobachten. Auch Symbole und Entitäten, die die Dualität Leben und Tod verkörpern. Diese Fußabdrücke waren Verankerungspunkte für andere Reisende, die dadurch die Landschaft lesen konnten –nur in den nahen Pampas sind 200 Geoglypen zu sehen–.

 

Diese Zeichnungen erlauben uns, die Wege als mit Bedeutung geladene Pfade zu interpretieren: Die Carcanchas, lebendige Tote, symbolisieren die Dualität Leben und Tod. Die Kreuze haben vermutlich ihren Ursprung in der Nazca Kultur. Komplexe Geoglyphen wie der Gross Munsa „animieren die räumliche Fabrik in der Form von Orten, die mit Geschichten, Erinnerungen, Traumata und lebendigen und transformierenden Erfahrungen geladen sind“ (1).

Die Gross Munsa Bodenzeichnung und unterschiedliche Felszeichnungen in Qulcapampa (Siguas). Die Autoren Berquist, McQueen und Jennings haben Folgendes darüber geschrieben: "Wir können diese Spuren als Inschriften verstehen, die den Reisenden hinwiesen, wodurch sie durchgehen, wo sie schlafen und welche Ritualen sie unterwegs unternehmen sollten. Anders gesagt konnten diese Zeichnungen die Landschaft lesbar machen" ("Making Quilcapampa: Trails, Petroglyphs and the Creation of a Moving Place").

Quilcapampa als die mobile Stadt des Tals

 

Eine Wari Ansiedlung, welche im 9. Jahrhundert von Nomaden aus den Hochgebieten errichtet wurde, ist eine der bedeutungsvollen Enklaven in Siguas. Die interdisziplinäre Forschungsgruppe des Royal Ontario Museums, die von dem Archäologe Justin Jennings geleitet wurde und das Tal drei Mal in dem letzten Jahrzehnt besuchte, konnte eine „in der Zeit verlorene“ minimale Geschichte rekonstruieren, indem sie auf der Suche war, die Komplexität des Wari Reiches am Ende des ersten Jahrhunderts u.Z. zu verstehen. Diese Ansiedlung heisst Quilcapampa (Das Land der Zeichnungen).

 

Die Evidenzen, die auf dieser von vulkanischer Asch (die Folge des Ausbruchs des Vulkans Huaynaputina im Jahr 1600) bedeckten uralten Stadt gesammelt wurden, beweisen komplexe und vielfältige Ernährungssysteme, den Austausch zwischen Einheimischen und Nomaden, die Einrichtung eines öffentlichen Raums und die Entwicklung eines Ritualsystems. Eine Karawane aus den Hochgebieten in Ayacucho durchquerte die steilen Pfade der in rot getauchten Berge des Tals. Sie transportierten Güter, Tieren und Saatgut, die unbekannt in Siguas waren. Wollten diese Nomaden ein neues Land erobern und es zugunsten des Wari Reiches ausplündern oder handelte es sich um Flüchtlinge, die auf der Suche eines neuen Zuhauses waren?

Outlined Cross  Quilcapampa

Felszeichnungen in Quilcapampa. Laut Berquist und Van Hoek wurden diese während des letzten Jahrtausends v.Chr. gezeichnet.

Laut des Buches „Quilcapampa: A Wari Enclave in Southern Peru“, Ergebnis der gewissenhaften Arbeit der oben erwähnten Archäologen und Anthropologen, ist die zweite Hypothese die glaubwürdigste. Diese Nomaden (von adler Herkunft) kamen durch die komplizierten und trockenen Pampas in Siguas an, nachdem sie einen kurzen Aufenthalt an der Küste von Nazca (Südperu) hatten. Der Wunsch, eine neue Heimat zu gründen in Zeiten sozialer Unruhe im Zentrum des Wari Reiches, bewegt diese Auswanderer, eine Ansiedlung in Siguas mithilfe der einheimischen Bevölkerung aufzubauen. Die Entscheidung, auf Felsen die Stadt einzurichten, ist nicht zufällig: der Forscher Stephen Berquist hat dort 492 Petroglyphen identifiziert, die heilige Erinnerungen und rituelle Inschriften bei den Reisenden hervorriefen. Anderseits hat Quilcapampa Koordinaten, die sich mit Entitäten „komischer Relevanz“ (2) verbunden waren –wie die Südkreuz Konstellation oder die Vulkanen Chachani und Ampato–.

Im 9. Jahrhundert war eine Gruppe von wohlhabenden Familien aus Mittelperu auf der Suche nach einem neuen Wohnsitz. Sie sahen sich aufgrund politischer Konflikte in ihrem Land gezwungen, eine neue Heimat zu suchen. Nach der schweren Reise entdeckten die Auswanderer ein in Rot getauchtes Tal, wo Wasser zur Verfügung stand und sich ihre Getreidearten anpflanzen ließen. Anderseits verstanden sie sich gut mit der lokalen Bevölkerung, die mit Neugier auf die Kunst und die Rituale der Wari reagierte. So entstand Quilcapampa.

Die Einrichtung von Quilcapampa wurde von dem interkulturellen Austausch zwischen diesen Nomaden und den Einheimischen begünstigt. Die Einwanderer brachten mit sich wertvolles Wissen und neue Güter, die lokale Bewohner des Tals waren Kleinbauer, die in Gemeinschaften lebten. Lebensmittel wie Chuño (getrocknete Kartoffel), Quinoa, Molle und Tiere wie Meerschweinen (3) bildeten ein hybrides Ernährungssystems, das in Siguas noch gilt. Die Wilca, eine halluzinationserregende Pflanze, die als Ergänzungsmittel für die Chicha de Molle verwendet wurde, um Rituale zugunsten der menschlichen Integration durchzuführen, wurde auch von den Nomaden eingeführt, die nach 30 Jahren die Ansiedlung verließen.

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Pacay und Molle umgeben einen alten Feigenbaum im Winter. Dank der Ausgrabungen der Archäologen des Royal Ontario Museums und der gewissenhaften Arbeit von M. Biwer und M. Melton als Archäobotaniker konnte das Ernährungssystem von Quilcapampa rekonstruiert werden. Pacay und Molles waren wichtige Bestandteile der damaligen Essgewohnheiten (heutzutage sind sie unterschätzte Früchte).

Der östliche Sektor des Tals: mehr Archäologie mit Feigen

 

Wenn Quilcapampa uns Auskunft über die räumliche Intervention eines Ortes gibt, der vor der Ankunft der Karawanen schon „markiert“ wurde, das müssen wir den Archäologen danken, deren Arbeit die Botschaften der mobilen Stadt entschlüsselt hat. Die anderen Enklaven des Tals, voll von unterschiedlichen Ruinen und Megalithen, sind noch nicht erforscht. Trotz der Abwesenheit von zusätzlichen archäologischen Ausgrabungen, kann man auch in Sektoren wie La Banda Felszeichnungen besichtigen, die ähnlich den von Berquist und Van Hoek dokumentierten Exemplare aussehen.

 

Das Gebirge, das das östliche Ufer des Siguas Flusses beschattet, beheimatet tausende von Petroglyphen unterschiedlicher Art, präkolumbianische Friedhöfe und unbekannte Ansiedlungen, die am Hang des Berges liegen. Vor allem beim Sonnenuntergang, als die ganze rotfarbige Streife des Berges mit Solarstrahlung belichtet wird, sieht man die enigmatische Chronik in Form von Zeichnungen. Der Zugang zu diesen Felsen ist tatsächlich aufwändiger als Quilcapampa. Dieser Sektor liegt direkt gegenüber meinem Feigenhof, von welchem aus die riesigen Megalithen des Tals sichtbar sind. Genau an diesem Punkt kommen alle diese Manifestationen aus der fernen Vergangenheit und fernen Ländern zusammen: Man pflückt Feigen aus uralten Feigenbäumen hispanisch-arabischen Ursprungs neben Mollebäumen und gegenüber Ruinen, die die Megalithen umgeben.

Die enigmatische und rätselhafte Kulturlandschaft des östlichen Sektors des Siguas Tals.

Das enge Siguas Tal kommt nach 28 Km trockener Strecke in dem Lluclla Sektor zu Ende. Der Boden enthält weniger Ton und mehr Steinen. In unterschiedlichen Schluchten dieser Gegend lassen sich Anordnungen riesigen Steinen, die von Kakteen, prähispanischen Pfaden und Grabsteinen umgebend sind, beobachten. Tiere wie Füchse und Hasen finden hier ein Zuhause. Kakteen bedecken auch das Pitay Dorf, das sowohl Wari (600-1200 u.Z.) als auch Inka (1200-1500 u.Z.) Manifestationen beheimatet. Die Mauer, die den Gipfel des Dorfes krönt, liegt auch direkt gegenüber einer Reihe uralten Feigenbäume, die einem Brand (leider vernichten immer mehr Landwirten alte Obstbäume zugunsten Monokulturen wie Avocado) überlebt haben.

Die Megalithen von Lluclla. Ausgrabungen sind nie in diesem Ort durchgeführt worden. 

Das alte Dorf in Pitay. Die Inka (13 bis zum 16 Jahrhundert) und die Wari Kultur (6 bis zum 12 Jahrhundert) haben hier auch Spuren hinterlassen, wo heutzutage Molles und Feigenbäume zu sehen sind.

Neue Güter kommen durch die uralten Pfade: Feigen, Wein und Weizen

 

Sechshundertjahren nach der Schliessung Quilcapampas kamen mit der spanischen Eroberung Lebensmittel, die das kulinarische Mestizaje und das Ernährungssystem bis heute prägen. Der Weinbau erfolgte im 16. Jahrhundert und bildete eine der ersten Manifestationen der Weinkultur in Amerika, aber der Ausbruch des Vulkans Huaynaputina (einer der heftigsten der Geschichte, der katastrophale Folgen in Europa wegen des sogennanten vulkanischen Winters vorursachte) verdunkelte das Tal (und die Arequipa Stadt) für einen Monat. Die Hölle war angekommen und ihre Spuren ließen sich für Jahrzehnte spüren. Danach haben die Feigenbäume und unterschiedlichen Weizensorten die Landschaft geprägt. Getrocknete Feigen und „Candeal“ Weizen waren hochgeschätzte Güter für den Austausch mit Maultiertreibern, die das Tal im 19. und 20. Jahrhunderte durchquerten und Chuño und Quinoa transportierten (so wie die Karawanen, die Quilcapampa im 9. Jahrhundert gründeten).

Ein uralter Feigenbaum, Schwarzweizen und Brennnessel sind Beispiele der hybriden Identität dieses verlassenen Tals in Südperu.

Das Präparat, das am besten die Sequenz kultureller Hybridationen verkörpert, ist der Chimbango. Das fermentierte Getränkt besteht aus getrockneten Feigen und Wasser, das genauso wie die Chicha de Molle (die von den alten Bewohner Quilcapampas ab und zu mit der halluzinationserregenden Wilca kombiniert wurde) hergestellt wird. Da die getrockneten Feigen leicht in Wasser gären, kann man Chimbango das ganze Jahr zubereiten. Das alkoholische Getränk wird bis heute in Feierlichkeiten konsumiert und ist eine solcher Speisen, die (momentan) die sozialen Unterschiede durch Ekstase eliminieren.

Getrocknete Feigen, Vollkornbrot, Lucuma, Fenchel, geröstete Mais, Schmalz, Guayabas, Kartoffeln, Bergkäse: Das sind die sukzessiven Merkmale eines Ernährungssystems, in dem Impulse aus fernen Ländern zusammengeflossen sind, sei es durch eine Gruppe von wohlhabenden Flüchtlingen aus Zentralperu, die sich gut mit den Einheimischen im 9. Jahrhundert verstehen konnten und eine mobile Stadt aufbauten, sei es durch spanische Schiffe, die Feigenbäume transportiert haben, deren Sorte in Hispanien im 8. Jahrhundert eingeführt wurde, als Araber und Berber Al-Andalus in Hispanien kreierten. Das Feigenbrot, ein Produkt, das ich seit 2014 fast täglich mit den Feigen meiner Plantage zubereite, spiegelt diese Kreuzungen sehr deutlich wider, indem die Feigenpaste mit Gewürzen (oder Nüssen unterschiedlicher Art) seit Urzeiten sehr beliebt als Arzneimittel oder „complete food“ in dem ganzen mediterranen Raum wird (4).

1. Das Feigenbrot aus Eurasien. 2. Der Chimbango als Treffpunkt zwischen dem uralten Peru und Eurasien.

Werden alle dieser Manifestationen dem Klimawandel und dem Biodiversitätsverlust überleben?

 

Die Gegenwart des Siguas Tals wird zurzeit von der Vereinheitlichung der Landschaft bestimmt, um mehr Platz dem Mais (als Futtermittel) und der Avocado zu geben. Das Majes Projekt, das in den 80er Jahren eine ehemalige extremtrockene Fläche in eine Pampa von 18000 Hektar für Monokulturen durch die Einrichtung der entsprechenden Infrastruktur umwandelte (5), hat durch unverantwortliche Bewässerung einen Teil des Tals vernichtet und die Garnele des Siguas Flusses eliminiert. Die Pläne, das Projekt mit zusätzlichen 26000 Hektar zu erweitern, um Europa und China mit preiswerten Früchten zu versorgen, verlangen die Vernichtung der biologischen Vielfalt der Rande des Flusses, um ihn als Entwässerungssystem zu benutzen. Dadurch, dass die Feigenbäume sich auf den Bergen befinden, könnten sowas (kurzfristig) überleben. Die Umgestaltung der Landschaft im Rahmen der Klimaerwärmung könnte aber langfristig unvorhersehbare Folgen für das Tal mit sich bringen.

 

Inmitten der Ruinen und der Feigenbäume, die noch überleben, zeigen sich die Steinöfen als versteinerte Symbole des Widerstands einer Kulturlandschaft. Seine Anwesenheit lässt sich am Rande eines Pfades erkennen und bestimmt einer der ältesten Vollkornbrotkulturen Südamerikas. Diese Relikte bilden auch ein Netzplan und verschmelzen sich mit den geschichtsreichen Wegen und prähispanischen Ansiedlungen, die in unterschiedlichen Sektoren des Tals zu finden sind. Vollkornbrot wird kaum gebacken (der Brotkonsum in ganz Peru hängt vom Import amerikanischen Weizenkörner ab, was der Weizenanbau stärk rückgängig gemacht hat), die alten Weizensorten sind glücklicherweise noch da. Nach der Ernte werden die Körner mit Steinmühlen gemahlen, um Mestizobrötchen mit Holz aus Feigenbäumen oder Molles zu backen. Die aktuelle Herausforderung besteht darin, diese Brotkultur im Einklang mit der Geschichte des Ortes wiederzubeleben.

Das Vollkornbrot hat auch seine Tradition in dem Siguas Tal. Die Steinofen verschmelzen sich mit Wari Ruinen und bilden damit eine Kulturlandschaft, deren ferne Vergangenheit versteinert ist.

Alle dieser Ausdrucke von fernen Vergangenheit und fernen Gebieten erhalten sich intakt in bestimmten Enklaven des Siguas Tals, auch wenn die Wasserknappheit, die unverantwortlichen Interventionen der Landschaft und der Biodiversitätsverlust echte Bedrohungen darstellen. Manchmal können sich die Feigenbäume dank der Einführung von einer naturnahen landwirtschaftlichen Methodik wiederbeleben, manchmal können die alten Steinöfen und die Felszeichnungen in unzugänglichen Zonen weiter existieren. Entweder pflanzlich oder steinig, naturell oder künstlerisch, sind diese Inschriften, diese uralten Zeichen der Auswanderung und des Wiederfindens, „Verankerungen des Lebendigen“ in einer Kulturlandschaft, die auch von dem Tod und der Zerstörung geprägt wird. Wahrscheinlich können sie durch eine respektvolle Landwirtschaft weiter gedeihen, um das Gedächtnis eines enigmatischen Raums zu stimulieren und erhalten.

Das Roggen als neuer Gast eines Tals, das zurzeit gegen Wasserknappheit und  Biodiversitätsverlust kämpfen muss.

Bibliographie: 

Von dem Buch "Quilcapampa: a Wari Enclave in Southern Peru"

1. "Making Quilcapampa: Trails, Petroglyphs, and the Creation of a Mobile Place" (Stephen Berquist, Felipe Gonzales MacQueen, Justin Jennings). 

2. "Settling Quilcapampa: Plan and Adaptation" (Luis Manuel Gonzales La Rosa, Justin Jennings, Giles Spence-Morrow, Willy Yépez Álvarez).

3. "Plant Use at Quilcapampa" (Matthew E. Biwer y Malory Melton). 

4. "Vertebrate and Invertebrate Remains at Quilcapampa" (Aleksa K. Alaica, Patricia Quiñonez Cuzcano, Luís Manuel Gonzales La Rosa).

Weitere Informationsquellen:

5. "Settlers and Squatters: The Production of Social Inequalities in the Peruvian Dessert" (Astrid B. Strensud). 2018. 

6. "Accesing the Inaccesible: Rock Art of Quilcapampa, southern Peru" (Maarten van Hoek). 2021.

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